Hallo in die Runde! Unsere aktuell größte Baustelle ist das Autofahren. Zum Hintergrund: Baiko ist etwa 3,5 Jahre alt und seit 1,5 Jahren bei uns. Er kommt aus ursprünglich aus der Ukraine (wurde mit ca. 4 Monaten aus einem abgebrannten Shelter gerettet) und hat danach bis er mit 2 Jahren zu uns kam in einem rumänischen Shelter gelebt. Falls relevant: Vermutlich hat er ein hoher Laika-Anteil und ist außerdem sehr jung kastriert worden. In den ersten 4 Wochen, als wir uns für die Anfangsphase komplett frei genommen haben, war Autofahren zunächst unproblematisch – er lag recht ruhig auf der Rückbank, gesichert mit Gurt. Dann änderte sich das ganz plötzlich. Seitdem zeigt er starke Unruhe im Auto: Er springt immer wieder auf (steht fast permanent), versucht nach vorn zu schauen (da wirkt es, als würde es ihn noch nervöser machen), fiept, bellt oder "schreit" laut, atmet sehr schnell und wirkt dabei extrem angespannt. Seine Muskeln sind durchgehend unter Spannung, manchmal zittert er. Futter nimmt er in dem Zustand kaum wahr, selbst sein liebstes Leckerchen muss man ihm fast "aufzwingen", dann ist er höchstens ganz kurz abgelenkt. Ob jemand bei ihm sitzt, macht keinen Unterschied. Wir haben viele Ansätze ausprobiert: kleinschrittiges Training mit kurzen Fahrten, Füttern im Auto, angenehme Ziele, ruhiges Loben, Ignorieren, Abdunkeln der Rückbank, Auslastung vor der Fahrt, Entspannung zu Hause mit Musik/Gerüchen verknüpfen und im Auto anwenden, Pheromone – bislang ohne spürbare Wirkung. Das größte Problem: Wir können die Fahrten nicht komplett pausieren, weil er regelmäßig in die HuTa muss (Fahrtzeit 2 Mal ca. 20 Minuten, min. 1 Mal wöchentlich) und wir insgesamt eher ländlich wohnen. Wahrscheinlich verhindert diese Regelmäßigkeit von belastenden Fahrten jeden Trainingsfortschritt. Unsere Tierärztin hat uns eine Tierverhaltenstherapeutin empfohlen, aber in erreichbarer Nähe konnten wir bisher niemanden finden. Wir haben inzwischen eine Box angeschafft und sie sehr positiv aufgebaut – er liebt sie und schläft z.B. auch dort – aber wir wissen nicht, wie wir mit den Rahmenbedingungen den Schritt ins Auto richtig angehen, ohne die bisherige positive Verknüpfung zu gefährden. Wir sind aktuell ratlos, wie wir weiter vorgehen können, und wären für Erfahrungen oder konkrete Hinweise sehr dankbar.
Hallo Olga Baikos Vergangenheit spielt bei eurem Thema denke ich keine Rolle. Ihr habt zu diesem Thema anfänglich scheinbar sehr viel gemacht und sehr viel richtig gemacht, daran wird es auch nicht liegen. Ich denke das euer Hund mit dem Autofahren eine große Erwartungshaltung verbindet. Diese kann positiv oder negativ sein, das würde aufs Selbe hinauslaufen. Er bringt sich in eine große Erregung die ihn nicht mehr aufnahmebereit macht und euch jeden Einfluss nimmt. Das habt ihr unabsichtlich entweder positiv verstärkt, weil das Auto mit tollen Erlebnissen verknüpft wurde die ihn erregen, oder er assoziiert das Auto mit negativen Erlebnissen, falls er bspw. die Huta nicht mag und die Trennung von euch fürchtet. Den Gedanken mit der Box finde ich in diesem Fall gut, auch das erstmal positiv Aufbauen der Box. Nun seid ihr aber an einem Punkt wo der Hund auch mal Akzeptanz und Impulskontrolle+Frustrationstoll-eranz zeigen muss. Meiner Meinung nach kann man auch zu viel positiv bestärken und erreicht damit das Gegenteil, nämlich zu viel Aufregung und zuviel Erwartungshaltung. Ich denke ihr solltet nur noch ruhiges Verhalten, in Zusammenhang mit dem Auto bestärken und das Auto samt Box als nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit betrachten und behandeln. Ein Abbruchsignal aufzubauen, mit dem ihr schon beim kleinsten Hochschaukeln einer Stimmung für Ruhe sorgen könnt, wäre ebenfalls wichtig. Autofahrten die zu Garnichts führen und weder positive noch negative Ziele beinhalten wären dann ein weiterer Schritt. Baiko soll einfach lernen dass Autofahren etwas Normales unaufregendes ist. In der Box bekommt er weniger Reize mit und kann sich leichter beruhigen, das wird helfen. Natürlich solltet ihr auch den gesundheitlichen Aspekt berücksichtigen. Für meine Hunde ist es bspw besser sie fahren mit leeren Magen, sonst wird ihnen schnell mal übel, bei zu vielen Kurven. Auch ob die Huta ihn vielleicht zu sehr stresst und er deshalb zuhause alleine besser aufgehoben sein könnte, solltet ihr im Auge behalten. LG Micha
Hallo Olga, dem Beitrag von Micha stimmen wir gerne zu. Es hört sich (aus der Ferne beurteilt) schon so an, als würde sich Baiko beim Start der Autofahrt gleich sehr aufregen. Viele Hunde verbinden Autofahren mit Spaziergängen, d. h. mit etwas sehr Erfreulichen. Wenn Baiko also gerne in die HUTA geht (was ihr ja ganz einfach überprüfen könnt), kann es gut sein, dass er das Autofahren ständig mit der HUTA oder mit einem Spaziergang verbindet und in Eustress (positiver Stress) gerät. Das Verhalten scheint jetzt leider bereits ritualisiert zu sein, aber wie Micha bereits sagte, mit verändertem Fahrverhalten und anderen Maßnahmen, ganz kleinschrittig aufgebaut, könnt ihr das Autofahren für Baiko auch wieder in Entspannung umwandeln. Der Gedanke eurer Tierärztin, sich für 1-2 Std. einmal eine Unterstützung bei einem kompetenten Hundetrainer zu holen ist bestimmt sehr gut. Er/Sie kann dann einen individuellen Trainingsplan mit euch entwickeln. Also nicht aufgeben, mit der richtigen Unterstützung und einer kleinschrittigen Umkonditionierung könnt ihr das Verhalten von Baiko sicherlich bald wieder in die richtigen Bahnen lenken. Es dauert vielleicht eine Weile, aber der Aufwand lohnt sich ganz sicher. Liebe Grüße vom Team der Doguniversity
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