Patrick
10.9.2024 um 20:15Uhr

aufreiten

frustration

nervosität

Rüde hat hormonellen Stress

Hallo liebe Community, unser Australien Shepherd Rüde ist nun ein Jahr alt. Schon als Welpe wollte er fast täglich aufreiten an Decken, Kissen, Jacken oder an uns. Das haben wir natürlich immer unterbunden - wobei er aber von Beginn an recht erkenntnisresistent war und wir es nur über Anleinen oder die Box unterbrechen konnten, natürlich gepaart mit einigen Beschwerden seinerseits. Inzwischen ist es so, dass wenn wir ihn in der Wohnung anleinen oder er in die Box geht/muss, er sehr schnell runter kommt und sich in der Regel auch nicht mehr darüber beschwert. Das Problem ist aber, dass er inzwischen buchstäblich jeden Abend aufreitet, wenn ich nochmal mit ihm raus gehe. Bis vor ein paar Wochen war es erst, wenn wir wieder zurückgekommen sind und ich die Haustür aufgeschlossen habe, spätestens aber an der Garderobe, wo er einen Narren an einigen meiner Jacken gefressen hat. Er versucht es dann entweder an den Jacken oder an mir und lässt sich dabei nicht unterbrechen. Viel schlimmer ist aber, dass er es inzwischen auch bereits während der Spaziergänge macht, oder wenn wir gerade losgehen. Da muss ich dann mit ihm natürlich immer durch die Situation durch... Dabei springt er mich regelrecht an und kneift auch mal, wenn man ihn versucht zu unterbrechen. Ich halte ihn dann in der Regel fest bis er sich wieder reguliert hat. Er tut mir dabei auch wahnsinnig leid, weil man merkt, dass er gerade einfach nicht ansprechbar ist und sich quält. Besonders schlimm ist es vor allem, wenn Hunde in der Gegend waren aber auch, wenn es geregnet hat und er abgetrocknet wurde. Primär aber tatsächlich abends. Tagsüber kommt es selten mal vor, da lässt er sich aber eher unterbrechen. Wir schauen, dass er auch tagsüber viel Ruhe bekommt, das musste er aber auch erst lernen und hat sich dabei schwer getan. Er ist aber schnell nervös und einfach "drüber". Wenn ich tagsüber mit ihm draußen bin und ich lasse ihn bei uns auf der Wiese rennen, kommt es auch öfters vor, dass er dann Zoomies bekommt und nicht mehr zu bremsen ist. Dabei kann es dann auch sein, dass er dabei irgendwann aus dem Sprint heraus mich anspringt und dabei schnappt. In den Situationen halte ich ihn dann ebenfalls fest, wobei er dabei oft im ersten Moment ein paar Mal keifend bellt und im Übersprung versucht zu schnappen. Vor kurzem waren wir beim Tierarzt. Er hat mit 4 Monaten bereits angefangen zu markieren und das Bein zu heben. Er markiert überall und hatte kürzlich eine Infektion am Penis, Harn- und Samenleiter, die auf die Hoden übergegangen ist. Vermutlich wegen dem ständigen markieren und den Aufreitversuchen. Unsere eigentlich recht vorsichtige Tierärztin hat mir dann, nachdem ich von dem vielen Aufreiten erzählt habe, zu einer Kastration mit 18 Monaten geraten, da er einfach massiven hormonellen Stress hat. Auch bei Hundebegegnungen z.B. auf der Hundewiese oder in der Hundeschule, war es schon immer so, dass er nach wenigen Minuten versucht hat bei den anderen Hunden aufzureiten. Wie ist dazu eure Einschätzung? Er tut mir in den Situationen total leid, weil man merkt wie er sich einfach nicht unter Kontrolle hat und er enorm im Stress ist. In der Regel schaffe ich es dabei auch ruhig und trotzdem konsequent zu bleiben aber es belastet mich natürlich auch sehr da es vor allem während der Spaziergänge ein "Kampf" ist, ihn wieder ruhig zu bekommen. Er muss halt abends nochmal raus und sich lösen (groß und klein). Es ist also aus meiner Sicht schwer einfach den Rhythmus zu ändern. Kurzzeitig hatte es geholfen seine Lieblingsjacken wegzuhängen, sodass er da nicht mehr ran kam. Da war zwei Wochen überwiegend Ruhe, aber nun nimmt er eben die nächste Jacke - oder eben mich. Ich will mich nicht grundsätzlich gegen eine Kastration wehren. Die Frage ist für mich: hilft es ihm? Und ich will es auf keinen Fall zu früh tun. Am liebsten frühestens mit 2 Jahren. Aber so wie es jetzt ist, quält er sich natürlich total. Ich fürchte auch, dass die täglichen Auseinandersetzungen und Konflikte, die wir da miteinander haben, unser Bindung schaden. Ich würde mich sehr über eure Einschätzung und Hilfe freuen. Danke und viele Grüße, Patrick

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Silja
11.9.2024 um 18:54Uhr

Hallo Patrick, deine Gedanken zu dem Thema sind ja sehr reflektiert und differenziert, aber auch wirklich ergreifend, da ganz deutlich wird, wie sehr der Hund im Stress ist und wie hoch dein Leidensdruck ist🥲 In so einem extremen Fall würde ich tatsächlich ausprobieren, welche Veränderungen und Entlastungen ein Chippen herbeiführt. Sollte sich das nicht positiv niederschlagen, kann man die Wirkung des Chips ja wieder auslaufen lassen und nach anderen Lösungen suchen, sollte eurem Süßen das den Stress nehmen, wäre eine "richtige" Kastration sicher eine Erleichterung für euch😊 LG

Nadine
11.9.2024 um 19:16Uhr

Hallo Patrick, erstmal stimme ich Silja komplett zu. Da das Geschilderte für mich aber auch stark nach, sollte sich jemand live in verschiedenen Situationen ansehen und nicht nur online Rat geben. Da viele Trainer aber leider eh sehr schnell zur Krastrstion raten, ist das schwierig. Vielleicht hast du ja die Chance zu einem der Trainer der DU zu fahren?

Patrick
12.9.2024 um 13:40Uhr

vielen Dank für die Kommentare. Ein Chip ist wahrscheinlich erstmal eine gute Möglichkeit um zu probieren, wie er darauf reagiert. Er ist halt generell eher unsicher, sehr schnell gestresst und reizempfindlich. Deswegen bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich ein hormonelles Thema ist und eine Kastration eine Besserung bringt. wir waren in der Hundeschule und hatten bei der Trainerin auch Einzelstunden. Gruppenstunden lassen wir inzwischen vollkommen sein, da er in Gegenwart von anderen Hunden so aufgeregt ist, dass es schon schwierig ist ihn überhaupt in die Konzentration zu bringen und seine Aufmerksamkeit zu bekommen. In der Einzelstunde konnte uns die Trainerin auch nicht so sehr helfen. Wir wohnen leider viel zu weit entfernt von den Trainern der DU. liebe Grüße

Sonja
12.9.2024 um 16:10Uhr

Liebe Silja & Patrick, wir hatten ähnliche Erfahrungen mit unserem Border Collie und haben ihn auf Empfehlung der Tierärztin mit 16 Monaten chemisch kastrieren lassen. Die Wirkung war katastrophal. Unser Hund war danach so verunsichert, dass er alles aber wirklich alles vor lauter Angst angebellt und geschnappt hat. Er hat alle Menschen inkl. Kinder, denen er vorher freundlich begegnet ist, angesprungen und vom Radfahrer bis zum Jogger wollte er alles völlig panisch vertreiben. Wir selbst waren nach den schlimmen Erfahrungen nur noch raus wenn wir niemandem mehr begegnet sind und waren verunsichert. Das hat einen Teufelskreis in Gang gesetzt weil unsere Angst, dass wieder etwas passiert sich natürlich auf den Hund übertragen hat. Die Wirkung der Hormonspritze sollte eigentlich ein halbes Jahr wirken. Es dauerte aber ein ganzes Jahr bis er sich Menschen und anderen Hunden gegenüber wieder freundlich verhalten hat. Solange halt, bis seine Hoden wieder die normale Grösse hatten. Während der chemischen Kastration sind diese auf Rosinengrösse geschrumpft und Hundekumpels mit denen er vorher rumgetollt ist, haben ihn plötzlich angeknurrt. Er roch offenbar einfach anders für Hunde. Jedenfalls sind seine Hormone inzwischen wieder intakt und nun will er Weibchen und Mönnchen besteigen und zwar penetrant, auch wenn der andere Hund ihm durch Knurren zu verstehen gibt, dass er das nicht will. Wir wollen ihn nach diesen schlechten Erfahrungen nicht kastrieren lassen, haben aber auch die Befürchtung, dass er im Hundehort mal ersthaft gebissen wird weil er die Massregelung der anderen Hunde ignoriert. Was können wir tun? Gibt es homöopathische Mittel um ihn hormonmässig durch diese Sturmzeit zu bringen. Oder habt ihr andere Ideen ? Er ist jetzt 2.5 Jahre alt. Danke im Voraus für eure Ratschläge und sorry Patrick wenn ich mich in dein Problem einmische. Es ist nur so mit ähnlichen Problemen behaftet, dass es dich vielleicht auch interessiert. Liebe Grüsse Sonja

Nadine
13.9.2024 um 06:57Uhr

Hallo Sonja, euer Resultat aus der chemischen Kastration beschreibt tatsächlich so ein wenig meine Befürchtungen, weshalb ich in Patricks Fall tatsächlich einen wirklich guten Hundetrainer, der sich echt mit Hundeverhalten etc. auskennt vorab empfehlen würde, nur so jemanden zu finden ist nicht leicht. Aufreiten ist selten ein echtes sexuelles Thema, sondern viel mehr eine Übersprungshandlung, die aus Überforderung und starker Beschwichtigung heraus resultiert. Wie das bei euch in der Welpenzeit war, weiß ich natürlich nicht, aber bei Patrick war das laut Schilderung von Anfang an Thema, also bereits zu einem Zeitpunkt, wo Sexualität gar keine Rolle spielt. Allerdings kann die Pubertät das Problem dann natürlich nochmal verstärken, wenn du sexuelle Komponente dazukommt. Auch hier muss es gar keine übermäßige Sexualität sein, sondern kann zusätzliche Überforderung durch die neuen Reize sein. In deinem Fall, Sonja, scheint euer Hund ein generelles Thema mit anderen Hunden zu haben. Nur weil er jetzt nicht mehr aggressiv reagiert, ist das Problem nicht weg. Es zeigt sich nur anders. Du bräuchtest daher jemanden, der wirklich aktiv mit dir Hundebegegnungen angeht, diese zunächst beobachtet und dir dann das Verhalten der Hunde erklärt und ihr daraus dann einen Trainingsansatz erarbeiten könnt. Mein erster Eindruck ist, dass er gar nicht weiß, wie er mit anderen Hunden kommunizieren soll und völlig überfordert ist. Ein ähnliches Thema sehe ich bei Patrick. Bei Patricks Text hat sich mir zum Beispiel auch die Frage nach Frustrationstoleranz gestellt und ob der Hund tatsächlich alleine bleiben kann oder nicht massiv Stress hat, den er dann über Aufreiten an der Jacke ablässt. In euren beiden Fällen steckt aber so viel drin, dass ich es super schwierig finde, hier online irgendwelche Tipps oder echte Einschätzungen abzugeben. Wie gesagt, am besten wäre eine super guter Trainer, der sich das in vielen verschiedenen Situationen ansehen kann und dann wirklich entscheiden kann, wo man wie anfängt. Und im Sinne des Hundes wäre da vielleicht dann wirklich am besten einen der Trainer der DU hier ins Boot zu holen und in den sauren Apfel zu beißen und die vielen Kilometer dort hinzufahren. So als Gedankenanstoß dazu noch: Das kann man auch anstelle von Urlaub planen. Den von Urlaub haben eure Hunde solange die so sind nichts und ihr erst recht nicht. Alternative Idee zur Doguniversity: Teilnahme an einem Workshop mit Maximilian Pothmann, allerdings wären das mir dann in eurem Fall gleich wieder zu viele Hunde auf einmal.

Nadine
13.9.2024 um 07:01Uhr

Hast du mal probiert dich bei Gruppenstunden mit ihm einfach an den Rand zu setzen und Ruhe zu üben? Ginge auch so beim Gassi: Ruheinseln und auf Distanz zu anderen Hunden einfach Ruheübung und erstmal noch gar nicht so viel zusätzlich wollen.

Patrick
13.9.2024 um 11:11Uhr

beim morgendlichen Spaziergang setze ich mich immer zwischendrin mit ihm hin. Wir wohnen sehr ländlich und hier gibt es überwiegend Hofhunde. Bei den Spaziergängen begegnet uns nur selten ein Hund - oder auch nur ein Mensch. Ich fahre aber immer mal wieder mit ihm ins Nachbardorf auf den Marktplatz und setze mich da nur mit ihm auf die Bank zum Beobachten. Es gibt in der Gegend nochmal einen weiteren Hundetrainer der generell nur Einzeltrainings macht. Den werde ich auf jeden Fall ausprobieren.

Patrick
13.9.2024 um 11:54Uhr

Hallo Sonja, hallo Nadine, vielen Dank für die Kommentare und euren Input. An der Frustrationstoleranz arbeiten wir weiterhin. Er hat schnell Frust, leidet unter Kontrollverhalten und maßregelt gerne. Da gibt es bessere und schlechtere Phasen. Manchmal merkt man aber auch, dass er sich wirklich bemüht. Es kann also gut sein, dass er überfordert ist, weil er meint er müsste sich um alles Kümmern. Eventuell müssen wir ihn da noch mehr Einschränken, nur hat er sehr viel Stress, wenn er nicht bei seinem Rudel sein kann. Dass er das Aufreiten schon seit dem Welpenalter an macht, lässt mich auch etwas daran Zweifeln wie sehr eine Kastration hilft. Da er generell eher unsicher ist, fürchte ich, dass es zu ähnlichen Verhaltensweisen wie bei Sonja's Border Collie kommen könnte. Ich verstehe eine Kastration auch nicht als leichte Lösung. Mir ist bewusst, dass wir noch viel konsequente Erziehungsarbeit zu leisten haben und wir daran arbeiten müssen, ihm generell mehr Ruhe und Sicherheit zu geben. Ohne Chip würde es für mich überhaupt nicht in Frage kommen. Ein DU Trainer ist für mich eine Option, auch wenn wir rund 600 Kilometer entfernt wohnen. Ich bin sehr dankbar für den Input. ☺️ liebe Grüße

Patrick
13.9.2024 um 11:57Uhr

Danke Silja für deinen Input.

Sonja
14.9.2024 um 11:22Uhr

Danke Nadine!

Bernhard
22.9.2024 um 11:41Uhr

Moin Patrick. Das klingt nach einem riesigen Problem und vielen Baustellen. Nach vier Monaten also 16 Wochen Bein heben etc. ist spät. Meiner hat damit mit 12 Wochen angefangen. Meine Züchterin hat mir die Kastration dringend empfohlen, bereits mit 9 Monaten sollte ich das unbedingt machen lassen. Ich habe es nicht machen lassen und der Tierarzt empfiehlt erstmal den Chip zu nehmen was ich jedoch auch nicht machen möchte. Ich habe ein großes Plüschtier von Sabro was immer wieder beglückt wird. Ich denke dein Hund braucht Aufgaben zur Auslastung. Lg Bernhard

Nadine
22.9.2024 um 13:07Uhr

Für einen Aussie ist Bein geben mit 16 Wochen eigentlich sehr früh, da reden wir eigentlich eher so von erste Versuche so mit 6-9 Monaten und echtes Markieren sogar erst mit 12-18 Monaten. Die Pubertät dauert bei Aussies in der Regel auch länger, bis zum 3. Lebensjahr.

Bernhard
22.9.2024 um 15:02Uhr

Wenn meiner aufreitet drehe ich mich wortlos weg, streife ihn möglichst ab an einem Gegenstand. Wichtig ist halt es komplett zu ignorieren. Kein Blichkontakt, kein Festhalten gar nichts!! Alles was man außer ignorieren macht ist Bestätigung und Lob für das ungewollte Verhalten. Lg Bernhard

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