Nora
27.11.2023 um 19:42Uhr

Tipps und Anregungen für Hund mit Schnappschildkrötensyndrom

Liebes Forum, ich suche nach Trainingsansätzen und Tipps, wie ich die Spring-Beißanfälle meines sechseinhalb Monate alten Labradoodle-Welpen Otto in den Griff bekommen kann. Er macht das Recht stark, seitdem er mit etwas über acht Wochen bei mir eingezogen ist. Ich habe gelernt, dass das zu einem gewissen Grad normal ist und habe mir früh Unterstützung von einer Trainerin geholt, bei der wir auch in der Hundeschule sind. Mit den Tipps (im Ruhegriff einparken, Alternativverhalten, Ruhe lernen, Sachen aushalten) ist es schon besser geworden, aber kommt immer mal wieder vor, wobei es Phasen gibt, in denen Otto es fast gar nicht macht und welche, in denen es schlimmer ist. Ich habe von Anfang an die Beißhemmung trainiert und Wert darauf gelegt, dass der Einsatz von Zähnen nur bei Spielzeug erlaubt ist. Dabei habe ich das Spiel immer wieder unterbrochen und dann weiter gemacht. Das funktioniert auch gut bei Spielzeug, wenn ich versuche ohne Spielzeug mit Otto draußen zu spielen, beißt er direkt recht stark in meine Hände und es ist schwierig einen Spielabbruch durchzusetzen. Jetzt kommt es immer wieder vor, dass Otto entweder im Freilauf oder an der Schleppleine aus dem Nichts anfängt, an mir hoch zu springen und in meine Hände und Arme zu beißen. Manchmal, wenn ich an seinem Blick und der Körperhaltung merke, dass es los geht oder er es einmal probiert hat, reicht ein Abbruchsignal und ein Sitz oder Platz, aber häufig auch nicht. Es ist ziemlich schwer, die Situation dann gut zu managen und ihn wieder runter zu fahren, zumal das Verhalten, denke ich mal, absolut selbst belohnend ist. Mir fehlen ein bisschen die Ideen, wie ich diesen Kreislauf durchbrechen kann. Ich meine dabei nicht, die Situationen, in denen er überfordert ist und aus einer Übersprungshandlung heraus eskaliert (die sind, meine ich schon deutlich seltener) , sondern ich schätze es so ein, dass er oft ein Spiel initiieren will und dabei übers Ziel hinaus schießt. Das gleiche haben wir auch bei anderen Menschen, vor allem auf der örtlichen Hundewiese, wenn Otto mit den Hunden der anderen Halter:innen spielt. Er springt dann gerne an den anderen Haltern hoch und versucht in die Hände zu beißen. Ich gehe dann schleunigst dazwischen, nehme Raum ein, frage ein Alternativverhalten ab und pflücken Otto notfalls raus, um ihn per Ruhegriff runter zu fahren. Aber auch hier ist es für ihn scheinbar oft ein lustiges Spiel. Ich wäre euch für Ideen und Input dankbar, wie ich die Situation von vorne herein verhindern kann? Falls jemand auch so eine Schnappschildkröte zu Hause hat, wie regelt ihr das oder wie und wann ist es bei euch deutlich besser geworden oder war ganz weg? Mich würden auch Tipps zum Spielen ohne Spielzeug mit einem solchen Hund interessieren. Geht das überhaupt und wenn ja wie? Viele Grüße Nora

Alle Antworten
12
Silja
28.11.2023 um 17:55Uhr

Hallo Nora, du betrachtest und beschreibst das Problem ja schon sehr differenziert und hast auch eine Trainerin am Start, die bereits einige Fortschritte erzielt hat🤗 Zum Thema draußen spielen: Was genau spielt ihr? Gegenseitiges jagen, zusammen rennen, ...? Hier könntest du vielleicht die Art des Spiels ändern und eher auf ein Miteinander als auf ein "Gegeneinander" achten. Du schreibst auch, dass das Verhalten eher phasenweise auftritt🤔 kannst du irgendwie festmachen, wie diese Phasen zustande kommen (an Tagen mit mehr oder weniger Aktivität, Aufregung, Stresssituationen z.B.)? Es kann schon helfen, wenn du die Spaziergänge etwas reizarmer gestaltest, häufiger bekannte Wege gehst und zwischendurch immer mal wieder kleine Pausen einbaust. Sollte er wieder eskalieren und gar nicht ansprechbar sein, kannst du ihn auch an einen Laternenmast, einen Zaun o.ä. anbinden, dich seitlich zu ihm stellen (natürlich so, dass er dich nicht beißen kann, du aber auch nicht zu weit weg stehst) und warten, bis er wieder entspannt ist. Dabei solltest du ihn völlig ignorieren. Die Hundewiese würde ich an deiner Stelle erstmal nicht aufsuchen. Gerade bei einem Hund mit hohem Aufregungslevel pusht ihn das noch zusätzlich hoch - und du willst ja genau das Gegenteil. Wenn er deine Korrektur als Spielaufforderung interpretiert, scheint eure Kommunikation noch nicht ganz rund zu laufen🤔 geh da nochmal ins häusliche Management und übe, ihm klar Grenzen zu setzen - ggf. mit Hilfe einer Hausleine. Ihr macht ja aber auch schon ganz viele Dinge, die euch sicher irgendwann zum Erfolg führen🤗 vielleicht helfen meine Tipps euch auf dem Weg noch weiter😊 LG

Michaela
28.11.2023 um 19:10Uhr

Hallo Nora, ich kann den Ausführungen von Silja nur beipflichten. Ich habe auch so einen Kandidaten zuhause. Zum Teil war ich echt verzweifelt, den das rassetypische Verhalten bei meinem Goldi war nicht so wie es viel beschrieben wurde🙃. Für mich ist er immer wieder eine Herausforderung, allerdings auch durchaus im politischen Sinne. Ich prüfe mich immer sehr genau und schaue, was und wie ich mit meinem Hund kommuniziere, wie mein Mindset ist, wenn ich mit ihm übe, spazieren gehe etc. . und erzwinge keinen langen Übungen oder Spaziergängen nicht, wenn ich nicht innerlich ruhig und gelassen bin☺️ Was mir im Moment sehr geholfen hat, ist ein Maulkorb Training natürlich total positiv aufgebaut. Stück für Stück habe ich es von drinnen nach draußen verlagert und nun trägt er auch mal einen Teil der Spaziergeh-Runde den Maulkorb. Das verleiht mir etwas mehr Ruhe, was ich dann auch ausstrahle und die zum Teil sehr schmerzhaften Attacken werden viel weniger. Wir trainieren jetzt natürlich zusätzlich die Akzeptanz von Abbruch und gezielt einen festsitzendes Alternativ-Verhalten. Wünsche euch alles Gute und nicht aufgeben 😉🐾

Team
28.11.2023 um 19:12Uhr

Hallo Nora, ja hier kann weniger tatsächlich mehr bewirken. Es wäre gut, wenn du während der nächsten Monate vermeiden würdest, deinen Otto überhaupt erst hochzupushen. Das ist zunächst eine Herausforderung, du wirst nach den ersten Wochen aber bestimmt schon erste Erfolge sehen. Anstatt viel mit Spielzeug zu spielen könntest du Otto mit Nasenarbeit auslasten. Die Hundewiese solltest du tatsächlich erstmal meiden, denn dein Hund ist gerade auch noch in der Pubertät und jetzt heißt es, konsequent mit dem Training und der Erziehung am Ball zu bleiben. Sobald Otto anfängt, in deine Hände oder Haut zu beißen, solltest du sofort dein Abbuchsignal benutzen und jegliche Aktivität deinerseits eingestellten. Sofern Otto noch nicht zu groß bzw. zu stark ist, nutze auch immer noch die Ruheübung. Also nicht aufgeben, du hast ja auch die Unterstützung deiner Trainerin und mit ihrer Hilfe kannst du das Verhalten deines Hundes sicherlich bald in die richtigen Bahnen lenken. Viele Grüße vom Team der Doguniversity

Nora
28.11.2023 um 20:34Uhr

Hallo Silja, vielen lieben Dank für die tollen Tipps. Zu deinen Fragen: wir machen hauptsächlich suchspiele und ich habe vor einiger Zeit mit Futterdummyapportieren an der Schleppleine angefangen. Otto findet aber auch zergeln prima. Das machen wir aber sehr selten draußen. Drinnen machen wir ein bisschen häufiger Objektspiele. Ich habe heute auch einmal drinnen ein Sozialspiel initiiert wie Daniel es im Video Bindung und Beziehung erklärt. Dabei ist mit aufgefallen, dass Otto schon sehr gerne sein Maul einsetzt. Ich habe das Spiel ab und an unterbrochen. Das hat sehr gut funktioniert und er war sehr vorsichtig und respektvoll beim Spielen. Die Ausraster sind in letzter Zeit immer draußen im Freilauf oder am Geschirr passiert, oft auf langweiligen kurzen Strecken, die Otto gut kennt, teilweise aber auch auf neuen im Wald. Ich nutze das Geschirr um Otto abzusichern, er hat da aber mehr Freiheiten als am Halsband, darf schnüffeln und vorlaufen. Ich bin da total bei dir, dass da wahrscheinlich etwas bei unserer Kommunikation nicht on point ist und das Abbruchsignal noch nicht in reizvolleren Situationen abrufbar ist. Vielleicht hat er noch nicht verstanden, dass ich in jedem Fall immer diejenige bin, die das Spiel initiiert und beendet. Vielleicht sollten wir das noch mehr drinnen üben auch mit Sozialspiel und dann auf Reizarmenumgebung draußen Steigern? Oder lieber komplett auf Objektspiele und Sozialspiele mit Mauleinsatz verzichten? Viele Grüße Nora

Nora
28.11.2023 um 20:54Uhr

Hi Michaela, vielen, vielen Dank für deine ehrlichen Worte. Es macht echt Mut, deine Geschichte zu lesen. Das mit dem Mindset finde ich sehr gut. Da fühle ich mich tatsächlich ertappt, dass ich oft einen Plan habe und dann regelrecht enttäuscht bin, wenn der von so einer Attacke gestört wird. Da hilft auch keine Ruheübung für den Hund, wenn ich selber mich schon so schnell aus der Fassung bringen lasse. Das mit dem Maulkorbtraining ist auch ein guter Hinweis. Da werde ich mich mal informieren. Ist ja auch mal von den Schnappanfällen abgesehen in anderen Situation hilfreich. Viele Grüße Nora

Pike
10.12.2023 um 12:08Uhr

Hallo Nora, wir sind auch so ein Kandidat. Labrador Rüde der von Anfang an ein Piranha war. Wir haben glaube ich die Pflasterindustrie am Leben gehalten und Monatelang finanziert 😂. Bei Spaziergängen gab es öfter wegen Reizüberflutungen ausraster, genauso mit hochspringen und schnappen. Wir hatten auch viel ausprobiert, was jetzt am Ende geholfen hat…(er ist jetzt 12 Monate und das ging bis zum 10. Lebensmonat) war viel Ruheübungen. Also wenn es zuhause war, dann auf seine Decke schicken und er durfte auch nicht runter, bis er zur Ruhe kam. Draußen haben wir ihn entweder körperlich zurückgedrängt (also mit Körpersprache) oder am Halsband von vorne oder hinten fixiert (bis er den Blickkontakt abgebrochen hat und sich an seinen Lefzen abgeschleckt hat). Das war natürlich manchmal auch mehrmals hintereinander notwendig aber es hat alles geholfen. Wir waren auch oft verzweifelt, vor allem weil Labradore eigentlich ja so leicht zu erziehen sein sollen😅😂 . Ich kann da aber echt nur Mut machen bleibt dran, bleibt konsequent und vor allem, keine Eigenen Emotionen hinzugeben, das heizt die Situation nur an.

Marina
14.12.2023 um 13:07Uhr

Tja, mein 7 Monate alter Bordercollie tut das neuerdings auch, und zwar bevor wir das Haus verlassen (kann er vergessen bis er sich beruhigt hat) und schnappt mir in den Mantel . Draussen macht er es nur auf der Abendrunde, da springt er an mir hoch und beisst in die Leine. Ich hab das ziemlich vehement abgebrochen, da ist mir dann „Collies sind sensibel etc.“ egal…und er hat es — scheint es— kapiert, auch habe ich den Spaziergang gleich abgebrochen. Ich hoffe es hat gewirkt..

Nora
15.12.2023 um 20:14Uhr

Hi, vielen Dank dir für die offenen Worte. Manchmal tut es einfach schon gut zu wissen, dass man nicht allein ist und es sich lohnt, dran zu bleiben 👍👍

Nora
15.12.2023 um 20:15Uhr

Hi, vielen Dank dir für die offenen Worte. Manchmal tut es einfach schon gut zu wissen, dass man nicht allein ist und es sich lohnt, dran zu bleiben 👍👍

Nora
15.12.2023 um 20:20Uhr

Hi Marina, vielen Dank für deine Antwort 👍👍. Tja.. Die liebe Pubertät. Mir macht es Mut im Kopf zu behalten, dass sich der ganze Aufwand und auch die stressigen Momente lohnen. Otti hatte jetzt zweieinhalb Wochen gar keinen Springbeißanfall, aber diese Woche dann wieder zwei 🦧 irgendwann ist das hoffentlich durchgestanden und wir haben super coole Hunde.

Christa
16.12.2023 um 22:37Uhr

Mein Weißer Schäferhund ist jetzt 9 Monate alt und hat diese Beiß-Anfälle von Anfang an gezeigt. Durch die spitzen Welpenzähne ist auch immer Blut geflossen. Ich hatte dann oft den Eindruck, dass er müde oder überfordert war und wenn ich ihn zur Box getragen habe (um meine Hosenbeine zu schonen) ist er meistens schnell eingeschlafen. Mit den bleibenden Zähnen und mit der Winterjacke ist es nicht schmerzhaft, da er sein Maul sehr kontrolliert einsetzt, doch wirkt ein springender, beißender, knurrender 30-Kilo-Schäferhund in der Öffentlichkeit sicher nicht vertrauenerweckend 😥 Ich binde ihn an einen Zaun, einen Baum oder Ähnliches, und gehe ein Stück weg. Nach einer Minute hat er sich dann immer beruhigt und wir können ganz entspannt weitergehen. Der Auslöser ist für mich nicht immer erkennbar, doch manchmal scheint er eine Einschränkung nicht zu akzeptieren. Wir hoffen darauf, dass er lernt mit Frustration umzugehen und hoffentlich bald reifer und vernünftiger agiert. Da müssen wir durch.

Nora
7.1.2024 um 13:21Uhr

Hi Christa, das hört sich sehr stark nach meiner Erfahrung an und ich handhabe es ganz ähnlich. Drücke euch die Daumen, dass es besser wird :)

Schreibe eine Antwort...

Antwort abschicken
Weitere Kategorien