Christine
24.1.2023 um 07:17Uhr

Kurs Bindung und Beziehung

Hallo! Ich mache gerade den Kurs Bindung und Beziehung. Bisher habe ich viel mit Belohnung/Leckerli gearbeitet, weil es überall so empfohlen wird. Auch das Deckentraining habe ich so aufgebaut. Grundsätzlich klappt alles auch prima, aber Leckerli schüren natürlich natürlich immer die Erwartungshaltung. Gerade auf der Decke ist dann keine richtige Entspannung drin. Bei dem Kurs wird ja kaum mit Leckerli belohnt. Ich frage mich jetzt nur, wie ich bereits etablierte Methoden ersetze ohne das ganze training kaputt zu machen. Mein Hund erwartet ja die Belohnung und versteht die Welt nicht mehr. Gibt sich das von alleine. Vor allem beim Deckentraining ist es mir wichtig, damit sie dann tatsächlich auch mal entspannen kann. Sie wartet aber nur, wan denn da was kommt. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob das blocken so das richtige für uns ist. Mein Hund ist eh sehr sensibel, wenn sie an stehende Menschen ran kommt, auch bei mir. Ob da mal was war, weiß ich nicht. Wenn dann beim Züchter. Aber ich habe halt Angst, dass sie dann gar nicht mehr ran kommt. Man soll sie ja im Lauf stoppen und dann ran rufen. Ich habe es einmal probiert. Danach kam sie dann aber nicht mehr, obwohl ich sie eingeladen habe.

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Ines
24.1.2023 um 15:12Uhr

Bezogen auf die operante Konditionierung werden in der Lerntheorie vier Quadranten unterschieden: positive Verstärkung, negative Verstärkung, positive Strafe sowie negative Strafe. Positiv und negativ sind in diesem Fall mathematisch zu verstehen: Es wird etwas hinzugefügt oder entzogen. Positive Verstärkung: Der Hund zeigt erwünschtes Verhalten und wird dafür belohnt, z.B. Leckerli, Spiel, Freigabe etc. Verbunden ist dies mit der Emotion Freude. Negative Verstärkung: Etwas unangenehmes wird weggenommen, z.B. wird auf den Po gedrückt bis der Hund sitzt. Dann wird der Druck entfernt. Der Hund empfindet Erleichterung. Positive Strafe: Der Hund zeigt unerwünschtes Verhalten und wird bestraft, z.B. Leinenruck, Schimpfen, durchaus auch körperliches Blocken. Hier spielt die Emotion Angst eine Rolle. Negative Strafe: Etwas Angenehmes wird entzogen, z.B. Aufmerksamkeit. Der Hund empfindet Frust. Die Emotionen haben natürlich eine große Range. Außerdem lassen sich die Quadranten in der Realität nicht immer so klar unterscheiden. Außerdem ist es an dieser Stelle nur sehr knapp dargestellt, aber du kannst ja bei Interesse online noch einmal ausführlicher danach schauen. Mit diesem Hintergrundwissen kannst du aber die verschiedenen Methoden einordnen und entscheiden, wie du gerne mit deinem Hund trainieren möchtest.

Ines
24.1.2023 um 15:18Uhr

Zum Thema Belohnung: Es ist sehr hilfreich, viele verschiedene Belohnungen zu etablieren. Dazu gehören: deine Stimme, Aufmerksamkeit, ein Lächeln, Sozialspiel, spielen, Freigabe zum Schnüffeln/Buddeln/Rennen, je nach Hund streicheln und kuscheln oder auch ein Leckerli. Sei hier kreativ und berücksichtige die Situation. Beim Deckentraining bietet sich die Stimme und Aufmerksamkeit sicher mehr an als ein Leckerli.

Bettina
24.1.2023 um 21:29Uhr

Hallo Christine! Schreibe doch mal die Doguniversity an. Das ist doch eine legitime Frage. Die können Dir bestimmt helfen und es vor allem erklären. LG Tina

Nadine
24.1.2023 um 21:29Uhr

Wenn wir schon bei der Lerntheorien sind. Zur positiven Verstärkung/Belohnung gibt es 4 weitere Modelle: 1. Quotenbelohnung nach festem Plan (Belohnung erfolgt nach fester Anzahl an Abfragen z.B. jedes zweite Sitz auf Kommando wird belohnt) 2. Quotenbelohnung nach variablen Plan (ein bisschen wie Spielautomaten, mal wird belohnt, mal nicht, rein nach dem Zufallsprinzip) 3. Intervallbelohnung nach festem Plan (Belohnung erfolgt nach einer festen Zeit z.B. 5 Minuten Training werden mit einem Sozialspiel belohnt) 4. Intervallbelohnung nach variablen Plan (Belohnung erfolgt immer auf die erste richtige Ausführung nach einer beliebigen Zeit, zum Beispiel übst du heute Sitz und belohnst die erste Ausführung, dann übst du 5 Stunden später nochmal und belohnst wieder die erste Ausführung, dann folgt wieder eine Pause von vielleicht 12 Stunden und wieder wird das erste Sitz verstärkt) Außerdem spielen die Phasen des Lernprozesses eine Rolle. Du hast die Konditionierungsphase, die Testphase und eine Pause. Die Testphase geht mit einer Lösung einher. In der Komditionierungsphase verstärkst du die Ausführung und trainierst. Hat dein Hund es verstanden folgt die Testphase, in der du nicht mehr belohnst. Je nachdem wie gut die Konditionierung funktioniert hat, kann er das erlernte länger/öfter oder kürzer wiederholen. In der Testphase belohnst du aber nicht mehr, weshalb auch eine Löschung der Konditionierung beginnt. Beginnst du jetzt erneut zu verstärken und zu konditionieren, wird die Lernkurve verstärkt und die Löschungsphase dauert länger. Allerdings muss die weitere Konditionierung vor kompletter Löschung beginnen. Und hier greifen dann die Belohnungsmodelle. Zu Beginn verstärkst du jedes Mal, dann beginnst du zu reduzieren auf jedes 2. oder 3. mal, irgendwann belohnst du variabel oder nach einer längeren Trainingspause eben nur die ersten korrekten Ausführungen und dann eben nicht mehr. Durch variablere Belohnungen wird der Trainingseffekt langfristig auch mehr verstärkt als bei festen Belohnungsplänen. Auch für unsere Hunde ist es spannender mal den Jackpot zu ziehen und mal nicht als ihn jedes Mal zu bekommen. Wo macht ein Training mit positiven Verstäkern Sinn? Bei zum Beispiel Tricks (dazu gehören auch Sitz, Platz, Bei Fuß) Wo machen positive Verstärker keinen Sinn? Bei zum Beispiel Deckentraining, Leinenführigkeit, Regeln, … Es gibt Dinge, da wollen wir eine Erwartungshaltung, damit unsere Hunde motiviert mitmachen. Und dann gibt es eben Dinge, da wollen wir keine Erwartungshaltung. Deckentraining ist eben sowas ohne Erwartungshaltung. Du willst deinen Hund dort hin schicken können und da soll er zur Ruhe kommen. Das ist super, die Decke als tollen Ort zu etabliere , aber das war es dann auch schon, wenn es um das dort bleiben geht, muss man auch mal in eine Konfliktsituation und einfach klipp und klar die Grenzen anstecken. Kauen beruhigt einen gestressten Hund, aber ist der Kauartikel weg, war es das dann auch schon, wenn du Glück hast, ist der Hund so sehr zur Ruhe gekommen, dass er da bleibt und schläft, wenn du Pech hast, dreht der Hund sofort wieder auf. Beim Blocken musst du das richtige Maß finden. Übe deine Körpersprache vorm Spiegel mit einem Stofftier und gehe erst dann damit zu deinem Hund.

Christine
25.1.2023 um 04:35Uhr

Wow, mit so umfangreichen fundierten Antworten hätte ich gar nicht gerechnet. Ich arbeite mich da mal durch und versuche es im Training umzusetzen. Vieles davon habe ich auch schon gelesen, aber wann was bei dem eigenen Hund richtig ist, ist dann wieder eine ganz andere Frage 😁

Ines
25.1.2023 um 10:39Uhr

Wenn du dich noch näher dazu informieren möchtest, kann ich dir den Podcast "Fiffi und Struppi hören zu" empfehlen. Folge 5 (Belohnungen im Hundetraining), Folge 15 (Management im Hundetraining), Folge 22 (Fehlverknüpfungen), Folge 47 und 48 (Lerntheorie).

Ines
25.1.2023 um 11:11Uhr

Schlussendlich gilt, wie so oft: viele Wege führen nach Rom. Es gibt eine Vielzahl an Methoden mit ihren Befürwortern und Kritikern. Da musst du ein bisschen schauen, womit du dich wohl fühlst. Auch das Blocken ist nicht jedermanns Sache. Das ist auch total in Ordnung. Leinenführigkeit etc. lässt sich auch ohne Blocken aufbauen. Wie gesagt, Belohnung ist nicht gleich Leckerli.

Kerstin
25.1.2023 um 21:27Uhr

Beim Arbeiten mit Leckerli ist immer die Gefahr, dass du eine Erwartungshaltung aufbaust. Wenn du merkst, dass dein Hund verstanden hat, was er tun soll, verstanden durch die Belohnung Futter, dann beginnst du, das Futter als Belohnung abzubauen. Du belohnst sein Verhalten nicht jedes Mal... mal, mal nicht. Immer so, dass er natürlich das Interesse am erwünschten Verhalten nicht verliert. Im Prinzip schleicht du das Futter aus und ersetzt es durch deine Freude, deine Worte, dein Lob etc. Versuch es doch mal, mit einem einfachen Verhalten.... Du bekommst ein Gefühl dafür. 😉 Gutes Gelingen! 😆

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